Ausstellungstipendium der Sparkasse Allgäu 2018


Begründung durch die Jury

Das Werk zeigt das Spiel mit Alltagsmaterialien und zeugt von einem sensiblen Umgang mit dem Verhältnis von Skulptur und Raum. Aus der Distanz wirkt es sehr filigran, fein und edel, von Nahem nimmt man kleine Einschlüsse von Fäden und Draht wahr, die den Arbeitsprozess sichtbar werden lassen. Es hat einen schwebenden, leichten und artifiziellen Charakter.

Die Form bekommt dadurch etwas Stoffliches, Organisches, Amorphes und löst Assoziationen in viele Richtungen aus, vor allem auch zur Natur, wie beispielsweise zu den Faviidae, den in den tropischen Meeren lebenden Steinkorallen. In ihrem ambivalenten Charakter zwischen einer Harmonie der naturhaften Form und dem artifiziellen Charakter der Materialien sind der Skulptur auch Verweise zur Ökologie eingeschrieben.

Das Werk zeigt einen neuen Ansatz der Künstlerin und ist zugleich Beweis für ihre kontinuierliche künstlerische Weiterentwicklung. Es macht neugierig darauf, was noch kommen wird.


Elisabeth Bader über ihre Arbeit:

Ausgangspunkt vieler meiner Arbeiten der letzten Jahre sind akribische Beobachtungen in der Natur, die ich anschließend in Zeichnungen, Collagen oder Objekte transformiere.

Sobald mich ein Themenkomplex fesselt, sammle ich zusätzlich Fachinformationen. Mir sind nicht nur die äußeren Erscheinungsbilder von Flora und Fauna sowie die darin beobachtbaren Vorgänge für meine künstlerische Arbeit von Bedeutung. Mich interessieren die komplexeren Zusammenhänge, das Wie und Warum im ökologischen System. Welche Rolle spielen darin jeweils wir – die Menschen. Ich suche Antworten und finde noch mehr Fragen. Es ist ein langsames Vortasten, Zeichnen, Bauen, bis ich das Thema – vorerst – für mich erarbeitet habe. Es entstehen keine Serien, es entstehen verschiedene Familien mit unterschiedlichsten Familienmitgliedern. Sie bilden nicht ab. Das sollen sie nicht. Ich möchte, dass Betrachter stehen bleiben, stutzen, schmunzeln oder irritiert sind, ihre eigenen Assoziationen und Gefühle entstehen lassen. „Wellenbrecher faviidaeisch“ nimmt Bezug auf Hirnkorallen, die mit ihren äußeren wulstigen Windungen an Gehirne erinnern. Korallen sind faszinierende Wesen. Hochempfindlich bei Umwelteinflüssen, oft uralt und ein Lebensraum für tausende Fische und Pflanzen. Zusätzlich erfüllen Korallenriffs die Schutzfunktion von Wellenbrechern. Durch das Teilen der Strömungen und Meereswellen treffen diese mit weitaus weniger Wucht auf die Küsten. Jeder Polyp der Koralle lebt in Symbiose mit kleinen Algen. Wird das Wasser etwas zu warm, verlässt die Alge den Polyp, die Koralle stirbt nach und nach ab. Damit ein gesamtes Ökosystem.

Mein Wellenbrecher ist geschaffen aus Wachs- und Drahtresten, ein paar Fäden sowie vielen Klein- und Kleinstmaterialien. Er ist schwer und doch äußerst fragil. Zu viel Druck und zu viel Hitze verträgt er nicht. Der Einsatz von Wegwerfmaterial in der künstlerischen Gestaltung bedeutet für mich die Wichtigkeit der Mehrfachverwendung von scheinbar nutzlos Gewordenem, doch mir Wertvollem. Mein Grundethos ist Achtung und Respekt vor der Natur und ihren Geschöpfen.